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Auszug aus der Komfortzone?

Ein Artikel von Lutz Raphael   »Die meisten von uns dürfen zwar von sich behaupten, dass sie gute Arbeiter waren. Aber waren wir auch immer gute Staatsbürger?« (Marc Bloch) Die Debatte darüber, ob Historiker sich mehr in die öffentlichen Debatten einmischen sollen, ist ein Evergreen. Die Frage entsteht angesichts anhaltender Politikdistanz, ja -abstinenz der meisten Fachvertreter; dass sie vor allem unter uns diskutiert wird, verweist wiederum auf eine eher geringe Nachfrage in der politischen Öffentlichkeit nach irgendwelchen historischen Kontroversen mit Aktualitätsbezug. Nur ein kleiner Kreis …

The politics of history in Hungary

Artikelbebilderung_Berend_St._Stephen_Eszter

Ein Artikel von Nora Berend A crown, sent to Stephen by the head of the Christian Church to consecrate him king. King, who creates a nation and a homeland […]. This crown made it possible for Hungary to join Europe […]. This alone would have been sufficient […] to see it as the living symbol of the Hungarian state, the expression of national unity […]. This is why Hungarians still exist outside the borders of the country, and the crown of St. Stephen is their …

Die Bedeutung von Geschichtsbildern und Geschichtswissenschaft in Gesellschaften der arabischen Welt von heute

Autorin: Sonja Hegasy Die arabische Welt kämpft derzeit im wahrsten Sinne des Wortes mit ihrem postkolonialen Erbe. Die mit dem Ende der europäischen Fremdherrschaft verbundenen Hoffnungen sind für viele Bürger spätestens seit der Jahrtausendwende aufgebraucht – ein Aspekt, der in der Berichterstattung über die andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen in der Region kaum angesprochen wird. Zu lange nutzte eine Riege autoritärer Herrscher die antikoloniale Legitimation und den Vertrauensvorschuss der Bevölkerung, um sich auf Dauer in zentralen Positionen des Staates festzusetzen und das Land wirtschaftlich auszubeuten. Mit ihrer …

Wie politisch ist die deutsche Geschichtswissenschaft? – Ein Interview mit Sven Felix Kellerhoff

Rembrandt van Rijn, „Der Philosoph“ (1633) – Darstellung eines Innenraums des Elfenbeinturms

Wie wichtig ist Geschichte für unsere Demokratie aus Ihrer Sicht als Journalist? Geschichte ist das Bild, das sich eine Gesellschaft von ihrer eigenen Vergangenheit macht – deshalb übrigens ist Geschichte volatil, während Vergangenheit selbstverständlich statisch ist. Für die Identität, das Selbstverständnis jeder Gesellschaft ist Geschichte deshalb schlechterdings essenziell, auch wenn natürlich andere Faktoren hinzukommen, die gemeinschaftsprägend sind. Unsere Gesellschaft ist demokratisch; dazu gehört die historisch gewachsene Wertschätzung für das sicher oft anstrengende und manchmal sogar frustrierende politische Geschäft. Weil aber Demokratie keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist, …

Gesellschaft braucht Geschichte: Perspektiven aus dem Studium

Foto von Io Josefine Geib, Gedenktafel vor Goethe-Universität

Ein Artikel von Io Josefine Geib Ich studiere Geschichte mit Begeisterung. Denn die Auseinandersetzung mit Geschichte bedeutet genau das Gegenteil von Stillstand: Bewegung. Geschichtswissenschaft zu betreiben bedeutet für mich, immer wieder neue Fragen an das Vergangene zu stellen. Geschichte verläuft nicht linear, Geschichte ist voller Bewegung und unser Blick auf das, was Geschichte ist, ändert sich permanent: Neue Entwicklungen bedürfen neuer Perspektiven auf Geschichte. Das Verhältnis von Geschichte und Gesellschaft konstituiert sich für mich in einer Wechselwirkung. Wie sehr die Geschichtswissenschaft Teil gesellschaftlicher Verhältnisse ist, …

Wie politisch ist die deutsche Geschichtswissenschaft? – Ein Interview mit Anna-Lena Scholz

Wie wichtig ist Geschichte für unsere Demokratie aus Ihrer Sicht als Journalistin? Es ist – egal ob als Journalistin oder Bürgerin – vor allem wichtig, sich diese Frage überhaupt zu stellen, um sich die Historizität demokratischer Prozesse immer wieder zu vergegenwärtigen. Dafür braucht es natürlich die Geschichtswissenschaft, die in ihrer Forschung die politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Kontexte sichtbar macht, die Demokratie in der Vergangenheit und Gegenwart verhindert oder ermöglicht haben. Und es braucht Schulen, die dieses Wissen für relevant erachten. Aber natürlich ist die …

Geschichtswissenschaft und Geschichtsdidaktik im Dialog. Migration und Kolonisation in Wissenschaft und Unterricht

Autorinnen: Jessica Kreutz und Sitta von Reden Das Freiburger Tandemkonzept Seit dem Wintersemester 2015/16 bieten die Pädagogische Hochschule Freiburg und das Historische Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg gemeinsame Hauptseminare an, die Studierende frühzeitig an den Zusammenhang von Geschichtswissenschaft und Geschichtsdidaktik heranführen sollen. Die zweisemestrigen »Tandemseminare« werden von je einem Dozierenden der Pädagogischen Hochschule und der Universität kollegial veranstaltet und von Studierenden beider Hochschulen besucht. Im ersten Semester wird ein fachwissenschaftliches Seminar zu einem schulrelevanten Thema gehalten. Bereits bei der Auswahl der Inhalte und der Lektüre spielen …

EU-Forschungsförderung und Geisteswissenschaften

Ein Interview mit Eva-Maria Silies, Freie Universität Berlin Frau Silies, Sie leiten das Team Forschungsförderung und -information der Freien Universität Berlin. Zuvor waren Sie in diesem Team dafür zuständig, die geisteswissenschaftlichen Fachbereiche der FU bei der Einwerbung von EU-Fördermitteln zu beraten. Welche Fördermöglichkeiten kommen in diesem Bereich für Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler in Betracht? Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler können sich auf EU-Forschungsgelder im Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 genauso bewerben wie jeder andere wissenschaftliche Bereich. Interessant ist unter anderem die Mobilitätsförderung, also zum Beispiel die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen, bei denen Einzelwissenschaftlerinnen …